Allein unter Frauen – oder wie ich den Film #female pleasure erlebte
Seit ich vor gut zwei Jahren vögeln – eine Philosophie vom Sex veröffentlicht habe, gehören Geschlechterforschung, gender issues, Feministische Theorie usw. zu meinem Forschungsbereich. Da schaue ich mir natürlich immer wieder neue Publikationen aus dem Bereich an, man muss ja auf dem Laufenden bleiben; das meiste ist wenig überraschend, auch hier wird inzwischen viel wiedergekäut (was umgekehrt bedeutet, dass die gender studies auf eine Art auch schon etabliert sind). Insofern habe ich von dem Film von Barbara Miller nicht so wahnsinnig viel erwartet.
Es kam aber anders.
Vorweg: Der Film ist richtig gut. Er nimmt dich langsam mit, um sich dann so zuzuspitzen, dass dir die Luft wegbleibt, und am Ende lässt er dich mit einer versöhnlichen Geste gehen. Es ist zum heulen und zum lachen – so muss Kino sein.
Erschüttert hat mich etwas anderes. Als ich zum Kino kam, waren da nur Frauen. Vorm Kino, an der Kasse, im Foyer. Huch, dachte ich, vielleicht eine geschlossene Gesellschaft, ein reiner Frauentag oder so etwas, vielleicht darf ich gar nicht rein? Aber der Mann an der Kasse verkaufte mir umstandslos ein Ticket. Ein Unbehagen blieb. Im Saal waren dann zwar noch zwei, drei weitere Männer anwesend, aber die sahen eher wie von ihren WG-Mitbewohnerinnen mitgeschleppt aus. Ich habe das, was der Film thematisiert, nämlich Unterdrückung von Frauen, Zwangsehen, Vergewaltigungen, Genitalverstümmelung – diese ganze Leugnung weiblicher Sexualität immer für ein PROBLEM DER ANDEREN gehalten: orthodoxer Religionsgemeinschaften (Katholiken, Muslime, Juden, Hindus), traditionalistischer Gesellschaften, unaufgeklärter Milieus. Aber wir hippen Stadtbewohner im liberalen Europa? Der Film lief in einem Arthaus-Kino, wo sich normalerweise das links-intellektuelle Juste-Milieu trifft. Habe ich gedacht. Fehlanzeige. Zwar beobachten wir in letzter Zeit, dass ein traditionalistischer bis revisionistischer Konservatismus auf die Bühne zurückkehrt, aber auch da dachte ich: Ach komm! WIR doch nicht (s. dazu meine Kritik an Julian Nida-Rümelin). Offensichtlich doch.
Ich bin zugegebenermaßen ratlos.